Je mehr du versuchst zu überzeugen,
desto unglaubwürdiger wirst du.
Humberto Maturana
GEWALTPRÄVENTION
Ein EU-Projekt — Ein Friedensprojekt?
Dr. phil. Peter Amann
Was ist das Problem?
Gewaltszenarien
beherrschen immer mehr den medialen Alltag. Von den kleinen versteckten
aggressiven Szenarien in Familien und familiären Wohngruppen, bis zu
verstecktem und auch offenem Mobbing in Betrieben, öffentlichen
Organisationen bis zur harten zerstörerischen Gewalt: die mediale
Vermittlung des Phänomens Gewalt ist ein beinahe allgegenwärtiges, und
zugleich überraschendes Phänomen in unserer hochentwickelten
Wohlstandsgesellschaft. „Gewalt“ teilt in der medialen Darstellung die
Gesellschaft in Täter und Opfer. Medial vermittelte Gewaltphänomene
lösen – in welcher Form auch immer - Ängste bei den möglichen und
tatsächlichen Opfern aus. Die tatsächlichen Opfer müssen, um weiterleben
zu können, die erlebten Ängste sehr oft verdrängen und die erlittene
Angst von der bewussten Persönlichkeit abtrennen. Denken wir
beispielsweise an missbrauchte Kinder, die oft nach Jahrzehnten des
Verdrängens sich
immer noch sehr schwer tun, über den erlittenen
Missbrauch zu sprechen. Werden diese verdrängten und von der
Persönlichkeit abgespaltenen Anteile nicht aufgearbeitet und keine
zukunftsgerichteten Strategien entwickelt, können die verdrängten
Anteile die Persönlichkeit hemmen und in der Entfaltung des eigenen
vollen Potentials ein Leben lang einschränken. Aus gegebenem Anlass kann
dann ein Opfer selbst auch zum Täter werden. Zur Veranschaulichung ein
Beispiel: Ein 26-jähriger Mann, der selbst, als fremdsprachiger und
drogenabhängiger Immigrant zum Aussenseiter wurde und der den
dreijährigen Cain tötete, erklärte seine grausame Tat so: „Wenn die
beiden Buben nicht folgsam waren, bin ich wütend und aggressiv geworden.
Mein Gehirn stellte sich ab. Ich sehe dann schwarz. Ich möchte dann nur
noch etwas kaputt machen, damit meine ich Gegenstände. Mein Körper
macht dann alles von selbst. Ich kann nichts mehr steuern. Ich wollte
ihn (den 3jährigen Cain) nicht verletzen, ich wollte bestrafen, um ihm
beizubringen, dass das, was er gemacht hat, falsch ist.“
Diese
Selbstanalyse eines Täters zeigt im Selbstverständnis dieses Mörders,
das ungeheure Zerstörungspotential, das in einem Menschen verborgen sein
kann. Wie kann dieses Phänomen erklärt, besser – wie kann dieser
gefährlichen und Angst machenden Entwicklung präventiv begegnet werden?
Reicht
eine Analyse des Problems, dem kausalen Prinzip von Ursache (Wut und
Aggression) und beabsichtigter Wirkung (etwas beibringen) folgend, aus,
um das Phänomen Gewalt ausreichend objektiv erklären und subjektiv
verstehen zu können?
Die Analyse kann verschiedene Einzelursachen des
Problems durch wissenschaftliche Methoden untersuchen. Sie kann den
genetischen Code, die biologischen, die psychologischen, soziologischen
und sozioökonomischen und andere Ursachen einzel- wissenschaftlich
untersuchen und die Ergebnisse zu einem Ursachen-Mix miteinander
verknüpfen, um eine Disposition zur Gewalt darzustellen.
Es stellt
sich jedoch angesichts der akuten medial vermittelten Gewaltszenarien
die Frage nach der Wirksamkeit und konkreten Umsetzbarkeit solcherart
gewonnener Erkenntnisse im konkreten Alltag der „HelferInnen“ (Eltern,
Geschwister, PädagogInnen, PolizistInnen) und aller Personen, die
beruflich und privat mit dem Gewaltphänomen konkret konfrontiert werden.
Darüber hinaus sollte der Frage nachgegangen werden, wie können die
gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und Voraussetzungen so verändert
werden, dass ein gewaltfreies Miteinander vor allem der Heranwachsenden
ermöglicht und durch konkrete Massnahmen verbessert wird.
Dazu einige Fragen mit möglichen Antworten:
1. Spezifische Frage: Ist Gewalt ein männliches Phänomen? Wenn Ja,
brauchen junge Männer eine spezifische Hilfe?
Gewalttäter,
die verurteilt wurden, sind zu 95 Prozent männlich. Die Gewalt-Spirale
beginnt sich bei den späteren Tätern schon in jungen Jahren aufzubauen:
vor allem junge Männer beginnen ihre gesellschaftliche Rolle aus
verschiedenen Motiven zu üben. In sozialen Gruppen – oder im Stillen.
Wie zuletzt der – es fehlen die Worte - Schrecken und Trauer
verbreitende, fast „normal“ wirkende Täter in Norwegen, jahrelang allein
und unbemerkt sich für seine ungeheuerlichen Gewalttaten vorbereiten
konnte.
Dazu einige weitere Fragen:
Was muss die Wohlstandsgesellschaft von Grund auf neu verstehen lernen?
Was
sind die Ursachen der Gewaltexzesse und wie können die Bedingungen, die
zur Entstehung führen, so verändert werden, dass Gewalt spür- und
messbar abgebaut werden kann?
Welche Motive – innere und äussere –
sind es, die Menschen dazu bringen, andere Menschen zu quälen, zu
verletzen und letztlich gar zu töten?
Was kann, soll und muss getan
werden, um Gewaltanwendung durch friedliche Mittel zu ersetzen, um
persönliche Diskriminierung, Demütigungen, Ausgrenzung im Frühstadium
ihres Entstehens ausschliessen zu können?
Wie kann Frieden als tatsächliches Lebensprinzip allgemein anerkannt und im konkreten Lebensalltag umgesetzt werden?
2. Spezifische Frage: Was kann die Logotherapie und Existenzanalyse
Viktor E.Frankls für die erfolgreiche Umsetzung
einer Gewaltvermeidenden Lebensweise beitragen?
Viktor
E. Frankl, der selbst das KZ Auschwitz und weitere KZ überlebte,
entwickelte nach seinen Erfahrungen im Konzentrationslager seine
Logotherapie und Existenzanalyse, eine am Sinn orientierte
Psychotherapie, die nun auch in der Gewaltprävention Bedeutung gewinnt.
Was ist das Problem der Gewalt – aus der Sicht der sinnzentrierten Psychotherapie?
Eine
Vorbemerkung dazu: selbstverständlich unterscheidet auch die
sinnzentrierte Psychotherapie durch eine ärztliche Differentialdiagnose
schwer pathologische Störungen, die vor allem (fach-)ärztlich behandelt
werden müssen, von psychotherapeutischen Störungen, die primär
psychotherapeutisch zu behandeln sind.
Aus der Sicht der Logotherapie
und Existenzanalyse ist das Problem der Aggressionsbereitschaft und
Gewalt im Normalfall ein falsches Selbstverständnis des Gewalttäters.
Sein Selbstverständnis (siehe die Aussage des 26jährigen Mörders des
3jährigen Cain) ist ohne Bezug auf Sinn. Der fehlende Sinnbezug seiner
Handlungen lässt es zu, dass sein Gehirn ohne sinnvolle
Richtungsbestimmung seine körperlichen Antriebe sich selbst überlässt.
Der Gehirnforscher Prof. Dr. Joachim Bauer ist überzeugt, dass es einen
„Aggressionstrieb“ als solchen nicht gibt. Das bedeutet nicht, dass
Aggression inexistent ist. Im Gegenteil: der Aggression (vgl.
Aggression, lat., bedeutet in der Psychologie bisher: triebhaftes
Angriffs-Verhalten beim Menschen; als Auslöser gelten vor allem
Verdrängung und Frustration) kommen nützliche Funktionen zu.
Entscheidend ist jedoch, sich von der überhöhenden mythologisierenden
Sichtweise der Aggressionsimpulse als „Mächte des Bösen“ zu
verabschieden. Vielmehr sind, nach J. Bauer, die unterschätzten Auslöser
der Gewalt Ausgrenzung und Demütigung.
Die moderne Gehirnforschung
lehrt, dass Menschen auf die Erlebnisse der Ausgrenzung und Demütigung
wie bei körperlichem Schmerz, der uns zugefügt wird, reagieren. Und zwar
mit Aggression, auch in politischen Dimensionen. (J. Bauer, 30.
Goldegger Dialoge, in: http:/oe1.orf.at/ programm/278065 und J. Bauer,
Schmerzgrenze – vom Ursprung alltäglicher und globaler Gewalt.
Blessing-Verlag. München).
Danach ist gefordert, die noch zumutbare
Schmerzgrenze von Ausgrenzung und demütigenden Situationen für
potentielle Gewalttäter neu zu bestimmen und mit Achtsamkeit zu
begleiten. Angesichts des Instinkt- und Traditionsverlustes und der
zunehmenden Gesetzesflut für Verhaltensregeln für junge Menschen ist es
vor allem ein abgründiges Sinnlosigkeitsgefühl, eine innere Leere und
ein nachhaltiger Sinnverlust, der sehr oft durch von aussen
aufoktroyierte Normen verursacht wird. Normen werden oft als „Werte ohne
Sinn“ - trotz funktionalem Sinnbezug – von Jugendlichen als wert- und
sinnlos erlebt.
Die Logotherapie und Existenzanalyse Frankls kann Sinnverlust
wirksam bekämpfen.
Jugendliche
können durch den Verlust traditioneller Strukturen oft keine soziale
Integration in sie mittragenden Gemeinschaften mehr finden und fühlen
sich in Ausnahmesituationen der Ausgrenzung, auch aus kleinen Anlässen,
oft nicht verstanden und manchmal auch gedemütigt. Auslöser für
Ausnahmesituationen sind für den Heranwachsenden alle Situationen, in
denen er sich nicht verstanden, als Person nicht angenommen, sondern
respektlos behandelt, ausgegrenzt, nicht wertgeschätzt fühlt. Ist in
solchen Situationen kein ihn verstehender und ihn begleitender
Gesprächspartner zur Seite, suchen im alltäglichen Erleben manche
überforderte, vor allem junge männliche Menschen den Weg, sich über
vorerst kleinere aggressive Handlungen und Verhaltensweisen den Weg
zurück zum eigenen gewünschten Selbstwert, auch durch willkürliches
Verhalten, zu erkämpfen. Zunehmend sind auch Mädchen direkt oder
indirekt an der Entstehung von Gewaltszenarien beteiligt. Aber
Gewaltanwendung ist bisher doch deutlich eine männliche Strategie, um
soziale Ausgrenzung und in der Folge ihn demütigende Gefühle zu
überwinden. Andere scheinbare „Auswege“ als Fluchtwege aus sozialer
Ausweglosigkeit und unguten Gefühlen sind Depressivität (mit
praesuizidaler Verengung) und Gebrauch von legalen Substanzen (Alkohol,
Medikamente, Pilze, gesetzlich noch nicht verbotene Designerdrogen) und
illegale Substanzen (Drogen, verbotene Designerdrogen). Die scheinbaren
Fluchtwege aus persönlicher Isolation und nachhaltig erniedrigenden
Lebenssituationen können hier nicht weiter beschrieben werden.
Wege, das Problem durch Sinnerfahrung und Wertverwirklichung
lösen zu helfen:
Sinnzentrierte Massnahmen und messbare Outputs für eine Gewalt-
prävention
Nach
dem Ausbleiben zufriedenstellender nachhaltiger messbarer Resultate
durch die Erziehung in Familien, Schulen, Jugendhäusern und anderen
Versuchen bezüglich der Verhinderung von Gewalt, kann eine am Sinn und
an Werten orientierte Erziehung einen wirksamen Beitrag zum Abbau von
Gewalt einbringen.
Die Logotherapie Frankls sieht den
potentiellen Gewalttäter – trotz aller Impulse zur Aggression und
unbewusster oder bewusster Gewaltstrategien – als geistige Person, die
fähig ist, sich zu ihren Aggressionen und ihren Impulsen zu
Gewaltanwendung und allen – auch schlechten äusseren - Bedingungen,
Stellung zu beziehen und sich, wenn not-ab-wendend, zu distanzieren.
Aus
Anlass dieser Tatsache, dass der Mensch sich selbst vor allem auch in
seinem Freisein von seinen eigenen Triebimpulsen erleben kann, wird die
geistige, einzigartige Person, als begabt mit dem „Willen zum
Sinn“(Frankl) vorausgesetzt und konkret evoziert („herausgerufen“).
Durch Werte soll der Mensch manchmal provoziert werden. In sokratischer
Haltung kann mit ihm dialogisch diskutiert und er darf letztlich auch
zum Handeln angeleitet werden. Einer am Sinn orientierten Konfrontation
soll nicht ausgewichen werden. Der Wille kann demnach vom Willen zur
Macht und von sinnlosen luststeigernden zerstörerischen Aktivitäten
abgelenkt und zu einem persönlich erlebten Sinn hingelenkt und
umgewandelt werden. So wird der Wille zu einem Sinn real wirksam, auch
in der Gewaltprävention.
Angesichts der schockierenden Tatsachen
von roher und brutaler Gewaltanwendung mit Hilfe moderner Waffen, die
Personen und Gruppen und beinahe ganze Völker in einen Zustand der
ohnmächtigen Handlungsunfähigkeit versetzen kann, spitzt sich die Frage
nach umsetzbaren konkreten und messbaren Massnahmen gegen sinnlose
Aggression und Gewalt zu. Der bisherigen Erziehung und Bildung „zum
Schönen, Wahren und Guten“ mit ihrem humanistischen Bildungsideal, aber
auch der auf nur wirtschaftlicher Effizienz bedachten Erziehung,
entgleiten zunehmend die Mittel zu einer wirksamen Erziehung mancher
junger Menschen zum Frieden. Erziehung zur Anpassung an die vorgegebenen
Normen der Gesellschaft ist kein ausreichendes Erziehungsziel mehr, um
Gewalt auszuschliessen.
Frankls Logotherapie ist ursprünglich auch
aus Anlass der Erziehungskatastrophe im Nationalsozialismus, die zur
Vorbereitung und Durchführung furchtbarer Gewalttaten führte,
entstanden.
Jene Erziehung hatte als erstes und wichtigstes Ziel die
Erziehung zur Anpassung an die Normen der damaligen Gesellschaft. Das
Ergebnis waren angepasste, gehorsame Bürger, die dem Diktat ihrer Zeit
willig zu folgen bereit waren. War es damals ein „Führer“ mit seinem
Heilsversprechen, sind es heute die nicht enden wollenden
Heilsversprechen einer unersättlichen Wohlstandsgesellschaft. Beide
Versprechungen führen zur inneren Leere und einem abgründigen
Sinnlosigkeitsgefühl.
Was ist heute gefordert?
Als
Erstes ist heute gefordert, eine Erziehung zum Widerstand gegen
sinnlose Anpassung an das Diktat der Werbe- und Konsumgesellschaft. Als
Zweites geht es um eine Schulung und Einübung einer veränderten neuen
Sinn-Wahrnehmung. Als Drittes ist gefordert eine Dialog-Kultur im freien
Spielraum der selbstverantworteten Stellungnahme, besonders für die
heranwachsenden Kinder und Jugendlichen, um ihre eigene Persönlichkeit
und den eigenen Selbstwert zu erspüren. Der Jugendliche erlebt in einer
dialogischen Gesprächskultur soziales Dazugehören. Er gehört als
ernstgenommener Dialogpartner zu einem grösseren Ganzen und sein Gefühl
von ihn ausschliessenden Demütigungen wird durch das Gefühl des
Ernstgenommenseins abgebaut.
Dies betrifft nicht nur schwerer
integrierbare ausländische Jugendliche, sondern mit Notwendigkeit auch
an den Rand der Gesellschaft gedrängte „Inländer“. Das schockierende
Ereignis in Norwegen in den letzten Wochen zwingt zu einer neuen
ganzheitlichen Sicht des Problems. Auch einheimische Jugendliche neigen
durch traumatisierende Ausgrenzung und Demütigung, verstärkt durch
Drogen- und Alkoholrausch, zu gewaltsamen Lösungen ihrer Probleme.
Als Viertes: Sinn durch Werte, Aufgaben die fördern und herausfordern
Beim
Einsatz des Hauptmittels „Dialog mit dem Jugendlichen“ muss unbedingt
beachtet werden, dass HelferInnen den Inhalt, den Wert (-Gegenstand)
möglichst als erfüllbare Herausforderung für die Entscheidung des
Jugendlichen präsentieren sollen. Daraus resultieren dann im
dialogischen Prozess die verantwortbaren und erfüllbaren Aufgaben für
den jungen Menschen.
Denn: Sinn kann nur durch Werte, die die
Persönlichkeitsentwicklung fördern und herausfordern, und zu Recht auch
gefordert werden dürfen und sollen, gefunden werden.
Zusammenfassung
Das
Problem der sozialen Ausgrenzung und anhaltenden Demütigung von
Menschen jeden Alters, vor allem jedoch von männlichen Jugendlichen ist -
aus der Sicht der Logotherapie u. Existenzanalyse - die Verletzung des
Grundwertes WÜRDE und die Behinderung bzw. Nichtförderung des Potentials
junger Menschen; das Resultat ist ein geringer bis negativer
Selbstwert.
Zentrale Ursache und eigendynamische Voraussetzung für
das Entstehen von Gewaltakten sind demnach die Verletzung der Würde als
grundlegende Voraussetzung und nicht entwickelter Selbstwert der
heranwachsenden Jugendlichen durch Schwächung des Gefühls der
Zugehörigkeit. Die Folge ist ein schwer reparierbarer Vertrauensverlust
mit nachhaltiger Schädigung der inneren Person potentieller Täter.
Wie kann das geplante EU-Projekt dieses Problem lösen?
ZIELE
1. Das übergeordnete Ziel
Die
Grundhaltung des Jugendlichen soll in den Aktionen des Alltags
jederzeit mit dem Sinn-Ziel „Gewaltprävention“ durch sozial
integrierende Sinnerfüllung und persönliche Ermutigung verknüpft werden.
Als erwünschter Nebeneffekt werden dadurch die Ursachen von Gewalt -
soziale Ausgrenzung und Demütigung mit Zerstörung des Grundwertes Würde
und Zerstörung des Selbstwertes der Person - im Augenblick der sozialen
Interaktion sofort in kreative Sinn-Energie umgewandelt.
Wie wird dies im Projekt gelöst?
Die
Inputs der psycho-sozialen Umgebung sollen nicht mehr weiter verdrängt
und unterdrückt werden, sondern sie sollen durch spontane Aktionen an
den Input-Auslöser mit nonverbalen Massnahmen (z.B. staunende
freundliche Mimik mit Rollenspiel und zugleich verbale humorvolle
Äusserungen zur Situation im Augenblick des Geschehens) sofort in Sinn
umgewandelt werden. Zur Verdeutlichung des Gemeinten nehmen die
HelferInnen prophylaktisch, bevor tatsächlich schuldhaftes Verhalten
sichtbar ist, „die Schuld“ für mögliche Missverständnisse auf sich - als
bewusste paradoxe Intention (eine Methode der Logotherapie). Das labile
Ich des potentiellen Täters soll dadurch für eine rational zugängliche
Emotionalität ansprechbar gehalten werden, um aggressive Provokationen
auszuschliessen. Schon die ersten intentionalen Aktivitäten sollen den
potentiellen Täter auf seine eigenen menschlichen Sinn-Potentiale
hinlenken. Die zugrunde liegende Haltung ist – im übertragenen Sinn –
eine paradoxe, an die aggressive Verhaltensmuster, im Status ihres
Entstehens, sofort, als Input an einen tatsächlichen Sinn, angedockt
werden.
2. Projektziele
Das Projektziel ist,
dass potentielle Opfer vor der tatsächlichen Entstehung von Gewalt ihre
Wahrnehmung einüben lernen, wo ihnen ein Input von Gewalt drohen könnte,
um sie noch im Entstehen sofort in eine konkrete spontane
Sinnwahrnehmung transformieren zu können.
A) Teilziel: Sofortige präventive Trennung von konkreter Gewalt in der Einzelsituation:
Freiraum schaffen durch nonverbale und verbale gelingende Kommunikation:
Eine
Massnahme zur Erreichung des Teilziels: Sofortige Ausschliessung der
Möglichkeit tatsächlicher konkreter Gewalt durch Rollenspiele, wie
lustvolles oder aggressives Weglaufen – auch gezielter Flucht -,
Umdrehen, lautes Reden, Rufen – gegebenenfalls auch Schreien - neben
anderen die Situation entspannender Aktivitäten. Räumliche und zeitliche
Distanzierung von potentieller Gewalt soll wahrgenommen und
schrittweise eingeübt werden durch Einübung von Selbstdistanzierung mit
Distanzierung zum subjektiv emotional erlebten Problem und – wenn die
Beziehung schon so weit gediehen ist – humorvoller Anerkennung von im
Moment nicht veränderbaren objektiven Tatsachen
B) Teilziel: Beziehung stärken:
Lächeln,
Lachen, Humor als mögliche spontane Veränderung des aktuellen Umgehens
mit dem Ziel, ein neues überraschendes, spontanes Beziehungsmuster
hervorzubringen. Mit dem potentiellen Konfliktpartner sollen
schrittweise neue Rollen-Muster erlernt und eingeübt werden. Der
potentielle Täter soll mit besonderer und gezielter Aufmerksamkeit in
seiner unverwechselbaren Einzigartigkeit als Person und der Einmaligkeit
der Situation, in der er sich befindet, wertschätzend wahrgenommen
werden, um seine Fähigkeit der Selbstwertschätzung zu üben. Eltern und
Familienmitglieder, LehrerInnen und MitschülerInnen, PolizistInnen u.a.
HelferInnen sollen ihre wertschätzende Wahrnehmung bündeln und
fokussieren lernen und in Rollenspielen Veränderungen beim potentiellen
Täter fördern.
Dies ist der Beginn eines respektvollen Umgangs mit
der Person des potentiellen Täters – trotz seiner anfänglichen negativen
Inputs.
Im dialogischen Umkehrprozess sollen sich die HelferInnen zu
DienstleisterInnen wandeln und die erkennbaren Bedürfnisse und Anliegen
des potentiellen Täters zum Anlass nehmen, diesem trotzdem mit Respekt
seiner Person gegenüber zu begegnen und ihm zu helfen, seine Anliegen
real in einer konstruktiven Weise umzusetzen.
C) Teilziel: Emotionen unterscheiden lernen im Sokratischen Dialog:
Die
Orientierung von Täter und Opfer an den Tatsachen im „Hier und Jetzt“
ermöglicht es den HelferInnen, dem potentiellen Täter menschlich zu
begegnen, gleichzeitig aber auch in den sachlichen Aspekten argumentativ
entgegen zu treten.
Durch seine Haltung der Achtsamkeit und des
Respekts signalisiert der Helfer einem potentiellen Täter nonverbal ,
durch eine selbst gewählte symbolische Demutshandlung, seine
Bereitschaft, sich ihm, in der Sache, seinem Anliegen, zu stellen und
sich ihm, gegebenenfalls, wenn es für einen, Lösungsschritt hilfreich
ist, zu „unterwerfen“; d.h., sich „in der Sache“ durch die besseren
Argumente belehren zu lassen, dem Täter vorerst Recht zu lassen und die
„Sache“, (vorerst) im Raum stehen zu lassen. So eine Handlung könnte
sein: ein „dienendes Unterwerfungsritual“; wie z.B. Tee servieren, ein
Essen zubereiten, eine Zigarette anbieten u.a.
Eine weitere
Massnahme könnte sein: Um Respekt und Ernstnehmen der Person des Täters
zu verstärken, sollen HelferInnen dem Täter Alternativen anbieten, die
dieser annehmen kann. Solche Alternativen sollen schriftlich, in
„würdevoller und stilvoller“ Ruhe (als Ritual) 1. mit den Worten des
Täters wiederholt werden. 2. Sollen HelferInnen beim Täter rückfragen,
ob sein Anliegen von ihnen richtig verstanden und „korrekt“ ausgedrückt
wurde, und 3. sollen die HelferInnen den Täter die Alternativen nochmals
selbstständig in Ruhe bewerten lassen.
Wichtig: Die Stimme der
HelferInnen soll zum Instrument der Beruhigung durch Veränderung der Ton
- und Stimmlage entwickelt werden. Eine Massnahme, dies nachhaltig zu
verstärken, könnte der Einsatz von Kieselsteinen (in der Hosentasche)
und weiters der Einsatz von Klangsteinen (vgl. Prof. Fessmann, Mozarteum
Salzburg) sein.
D) Teilziel: Entscheiden lernen für eine Emotion
Die
neue Grundorientierung soll die Emotionalität auch kognitiv ankern
helfen, indem sie die Emotionalität in eine Richtung orientiert und
eingeübt wird.
E) Teilziel: Mit Begeisterung umsetzen lernen
Die
HelferInnen sollen den potentiellen Täter bei der Umsetzung selbst
gesetzten Entscheidungen mit Enthusiasmus und persönlicher Begeisterung
unterstützen. Eine Massnahme könnte sein: gemeinsames spontanes Lächeln,
Loben, Lachen durch Übungen am Sinn orientierter
Möglichkeitsgeschichten.
Spontane, auch tänzerische Rollenspiele und
nonverbale improvisierende Sprache sollen den Ertrag der zuvor
ausgeführten Aktivitäten in neuen Einstellungen und Haltungen mit neuen
Verhaltensweisen sicherstellen.
Abschliessend soll konkretes Planen
in einen neuen Lebensentwurf münden und durch konkretisierte
Vorstellungen, Pläne, Schaubilder, Tabellen am Computer entwickelt
modelliert werden.
AUSBLICK
Die
Massnahmen (-Pakete) sollen des weiteren in Aktionen unterteilt und als
zahlreiche messbare Outputs und „Results“ weiter entwickelt und im
Rahmen des EU-Projekts als eine Innovation zum Thema Gewalt angeboten
werden. Vorgesehen sind auch Konferenzen mit Vorstellung des Projektes,
bei konkreter Anfrage.
Dr. Peter Amann, Dünserstr. 12c, A-6822 Schnifis,
Tel. +43-5524-8591, Fax +43-5524-8788